Fabio Luisi dirigiert Liturgisches
In diesen Tagen gedenken alle Musiker der Opfer in den USA.
Sinfonieorchester und Chor des Mitteldeutschen Rundfunks unter Leitung
von Fabio Luisi spielten zwar in einer halb leeren Philharmonie, aber
ihr Programm schien geradezu pradestiniert fur ein Gedenkkonzert:  Neben
Mozarts Requiem galt es, Schonbergs einziges Werk zu entdecken, das fur den
liturgischen Gebrauch bestimmt ist.  'Kol Nidre', entstanden im Spatsommer
1938, ist ein Gebet, das den hochsten judischen Feiertag ('Jom Kippur')
in der Synagoge einleitet.  Wie in anderen politisch-religiosen
Bekenntniswerken, die er im amerikanischen Exil schrieb, kehrte Schonberg
zur Tonalitat zuruck.

Grosse Aufmerksamkeit fordert der gesprochene Text.  Boris Carmeli
erhebt seine machtige Stimme durch ein Mikrofon.  Hauchfeine Tremoli und
schnarrende Blaser breiten einen Klangteppich fur den Rabbi aus.  Seine
Legende verdammt alle Selbstherrlichkeit und fordert Gnade fur alle.

Der Chor antwortet, begleitet von dramatischen Klangen, im gewaltigen Tutti.

In Mozarts Requiem dagegen vermisste man solch aufgewuhlte Emotionen trotz
herausragender Solisten.  Fabio Luisi hatte sich spurbar mehr auf den Chor
konzentriert.  Der war zwar vor allem in den dynamischen Spitzen blendend
eingestellt.  Anders das Orchester.  Das verlor gegenuber Schonbergs 'Funf
Orchesterstucken' an Transparenz.  KL

(Source: http://morgenpost.berlin1.de/inhalt/feuilleton/story459961.html
Berliner Morgenpost 15.09.2001)

Mats Norrman